Turner sammeln sich zum Bund
Carl Körner, Oberturnwart des Turn-Klubbs zu Hannover und Spartenleiter für Turnen im Sportkreis Hannover wandte sich in einem Rundschreiben vom 14. August 1946 wandte an die in den Bezirken bereits arbeitenden Turner mit dem Auftrag, die Initiative zur „Sammlung der Turnvereine“ zu übernehmen. Da jeder Bezirk einen vollständigen „Fachausschuß Turnen“ bilden sollte, nahmen die Vorarbeiten noch eine längere Zeit in Anspruch.
Auch in den anderen Gebieten der britischen Zone, hier besonders in Nordrhein-Westfalen, hatte sich die turnerische Organisation weiter entwickelt. Die Kontakte festigten sich auf einer vorbereitenden Tagung am 11. Dezember 1946 in Minden/Westf. unter Vorsitz des Sekretärs des Zonensportrates, Hugo Grömmer (Arnsberg), in der u.a. je zwei Vertreter aus Niedersachsen (Albert Lepa, Hannover, und Oscar Drees, Bremen), Hamburg-Nordmark (Gerd Steen und Bernhard Bauer), Rheinland (Fritz Brodowski und Walter Gleffe, Essen) und Westfalen (Eugen Eichhoff, Lüdenscheid, und Julius Überhoff, Hamm) für einen Arbeitsausschuß benannt wurden. Sie erarbeiteten die Grundlagen für eine weitere Zusammenkunft am 20. Januar 1947 in Hamm, wo ein „Zonenturnausschuß“ gegründet werden konnte. Bei den Wahlen wurde einstimmig Fritz Brodowski zum Leiter des Zonenturnausschusses gewählt, als stellvertr. Leiter Julius Überhoff, zum Schriftführer und zugleich Kassenwart Walter Gleffe; als Beisitzer für Niedersachsen Carl Körner, für Bremen vertretungsweise Albert Lepa (bis 10. März 1947, dann Wilhelm Miesner), für Hamburg Gerd Steen, für Schleswig-Holstein Alfred Mügge (Kiel); Oberturnwart Eugen Eichhoff, Männerturnwart Hans Diem (Mühlheim-Ruhr); Frauenturnwart Hans Mähl (Hamburg), der das Amt aber bereits ab Mai an Prof. Dr. Erich Klinge (Köln) abgibt; Jugendturnwart Nikolaus Bernett (Oldenburg), der in Abwesenheit gewählt wurde und dann aus Altersgründen dieses Amt nicht annahm, so daß Dr. Harald Eimermacher als Zweitvorschlag ab 5. Februar für ihn eintrat; Kinderturnwart Fritz Billerbeck (Hannover) Spielwart Hans Saggau (Uetersen) und Volksturnwart Martin Bitter (Münster). Zu den beiden letzten Vorschlägen enthielten sich die Niedersachsenvertreter der Stimmer, da diese beiden Fachgebiete damals im Sportausschuß Niedersachsen nicht von der Fachschaft Turnen betreut wurden. Die Sparte „Sommerspiele“ leitete Fritz Lorenz (Hannover) und die Leichtathletik (Volksturnen) Walter Weiß (Braunschweig). - Landesweit sind aber verstärkt Brmühungen zu erkennen, der Fachschaft Turnen die Arbeitsgebiete Gerätturnen, Gymnastik, Volksturnen und Sommerspiele zuzurechnen.
Anläßlich der ersten Tagung dieses Zonenturnausschusses kommt Eugen Eichhoff am 05. Februar 1947 nach Hannover und gibt einem von Carl Körner einberufenen Arbeitsausschuß der Niedersachsen die ersten Richtlinien für die kommende Arbeit. Hier entstehen die bundesweiten Anfänge für „den turnerischen Weg in die Zukunft“.
Auf der Grundlage dieser Besprechung erfolgte dann am 10. März 1947 in Hannover die Gründung des „Turnausschusses Niedersachsen“ durch die Bezirksvertreter von Hannover, Hildesheim, Braunschweig, Oldenburg, Osnabrück, Huntegau und Bremen, das damals noch zum Sportausschuß Niedersachsen gehörte (Am 27. April 1947 wurde der „Bremer Turnverband“ gegründet). Lüneburg und die anderen Bezirke befanden sich noch im turnerischen Aufbau.
Es war wohl selbstverständlich, daß der Initiator Carl Körner zum 1. Vorsitzenden des „Turnausschusses“ gewählt wurde. Ihm zur Seite standen Wilhelm Miesner (Bremen) als stellvertrender Vorsitzender und Adolf Kohlmeyer (Osnabrück) als Oberturnwart. Den Turnausschuß Niedersachsen vervollständigten: Willi Weiss (Hannover) als Schriftwart, Helmut Schwarz (Hannover) als Kassenwart, Heini Grube (Göttingen) als Männerturnwart, Fritz Billerbeck (Hannover) als Kinderturnwart, Fritz Lorenz (Hannover) als Spielwart und Alfred Schmidt (Bremen) als Obmann für das Leistungsturnen.
Unabhängig von diesen organisatorischen Maßnahmen waren die Leistungsturner zur Arbeit übergegangen. Carl Körner hatte dazu am 19. November 1946 die „Niedersachsenriege“ gegründet. Die Schulung wurde den Spitzenturnern Alfred Schwarzmann (Braunschweig), Herbert Lorenz (Hannover) und Alfred Schmidt (Bremen) übertragen. Nach einer ersten Beteiligung beim 4-Länderkampf am 27. April 1947 in Ahlem war das erste öffentliche Schauturnen dieser Riege am 17. Mai 1947 in der Stadthalle von Holzminden von seiner werbenden Auswirkung her in Niedersachsen noch lange spürbar.
Die Verbindung zu den Mitgliedern der ehemaligen „Deutschlandriege“ hatte seit Dezember 1946 Dr. Göhler (Kolbermoor) mit dem Erscheinen seines „Turnerbriefes“ aufgenommen. Anfang 1947 verenbarten die Vertreter der britischen und amerikanischen Zone einen Mannschaftsvergleichskampf ihrer leistungsbesten Turner. Dieser erste Zonenvergleichskampf fand am 01. Juni 1947 in der Freiheitshalle von Hof (Bayern) statt. Vor 7.000 Zuschauern siegten die Süddeutschen. Der Rückkampf am 14. September 1947 in der Northeimer Freilichtbühne endete vor 10.000 Zuschauern wiederum mit einem Sieg der Süddeutschen.
Die turnerische Großveranstaltung - zugleich erste Deutsche Kunstturn-Meisterschaft - bot finanziell die Möglichkeit, am Vortage den ersten deutschen Nachkriegsturntag in Northeim abzuhalten. 52 Vertreter aller Länder der amerikanischen und britischen Zone sowie eine Abordnung der Berliner-Turner trafen sich am 13. September 1947 im Sitzungssaal des alten Northeimer Rathauses. Es war nicht verwunderlich, daß die Turnerführer der britischen Zone in Northeim zu den dominierenden Streitern mit klarem Konzept wurden.
Aus Niedersachsen nahmen an dieser Tagung teil: Nikolaus Bernett (Oldenburg), Fritz Billerbeck (Hannover), Wilhelm Braungardt (Oldenburg), Heiny Grube (Göttingen), Franz Klemm (Bad Harzburg), Adolf Kohlmeyer (Osnabrück), Carl Körner (Hannover), Friedel Künnemann (Oldenburg), Hermann Lindner (Celle), Car Loges (Hannover), Wilhelm Ohlhoff (Oldenburg) und Henny Warninghoff (Hannover).
Eugen Eichhoff, Oberturnwart des Zonenturnausschusses im britischen Besatzungsgebiet, versuchte in leidenschaftlicher, überzeugender Art, den Weg in die turnerische Zukunft festzulegen. Obwohl von Seiten der alten ATSB-Turner noch wenig zu spüren war, sollte in Northeim die Spaltung in den eigenen Reihen der Turner überwunden werden. Als zwei große geistige Strömungen sollten die Turner des früheren Arbeiter-Turn- und Sportbundes vereinigt werden in einem neuen Bund, der die Synthese bildete aus dem deutscehn Volkstumsgedanken der alten DT und der Idee der internationalen Verständigung des ATSB. Als Ergebnis dieses ehrlichen Bestrebens nach Einigkeit und Einheit, in Besinnung, Vertiefung und Erneuerung turnerischen Geistes, wird der 13. September 1947 in Northeim zu einem Marktstein in der gesamten deutschen Turngeschichte nach Coburg 1860 ! Unter Führung von Eugen Eichhoff wird der „Deutsche Arbeitsausschuß Turnen“ (DAT), der Vorgänger und Wegbereiter des heutigen Deutschen Turner-Bundes (DTB), gegründet. Neben dem Beschluß des Jahres-Terminkalenders für 1948 mit der Durchführung des „Frankfurter Turnfestes“ vom 19. - 22. August 1948 ist festzuhalten, daß sich die nach Selbständigkeit strebenden Kunstturner unter Dr. Josef Göhler und Albert Zellekens dem neuen Konzept des DAT fügten.
Geburtsstunde des NTB
Die Northeimer Tagung bewirkte besonders für den niedersächsischen Raum eine weitere Straffung der turnerischen Organisation. In den Kreisen und Bezirken hatte sich das Turnen wieder so gefestigt, daß Carl Körner am 24. Oktober 1947 im Fürstenzimmer der Bahnhofsgaststätten zu Hannover die endgültige Umwandlung des provisorischen Turnausschusses in den „Turnverband Niedersachsen“ einleiten konnte. 120 Abgeordnete beschlossen durch Erheben von den Plätzen einstimmig die Gründung unseres eigenständigen Landesturnverbandes, der sich dann 1958 mit Turntagsbeschluß umbenannte in „Niedersächsischer Turner-Bund“.